Jede Münze hat zwei verschiedene Seiten und bildet doch ein Ganzes. So auch das Neujahrskonzert der Blasmusik in der Osnabrücker Stadthalle. Zwar bestreiten sie denselben Abend, der Instrumental Musikverein Neuenkirchen und das Blasorchester Borgloh, doch die beiden Konzerthäften sind so verschieden wie zwei Seiten eines Geldstücks. Die 46 Spielerinnen und Spieler aus Neuenkirchen machen vorwiegend Sinfonische Blasmusik. Unter der Leitung von Heiko Maschmann strahlen sie Ausgewogenheit, Fülle und klangliche Wärme aus.
Die 50 Musikanten aus Borgloh gleichen einer Blaskapelle mit der Dimension eines Tanzorchesters. lhr markiger Sound hat Durchschlagskraft und treibenden Rhythmus. In schwarz-grauer Kleidung ähneln die Neuenkirchener bereits äußerlich einem klassischen Orchester. Mit ihrem traditionellen „Florentiner Marsch“ geben sie sofort eine Visitenkarte ab. Vor allem der besinnliche Mittelteil im differenzierten Holzbläsersatz nimmt für sich ein, bevor sich das tiefe Blech nachdrücklich zurückmeldet. Bei Jacob de Haans „Ross Roy“ gestalten sie monumentale Programmmusik in zahlreichen Episoden. Alle Register des Orchesters können sich profilieren. Ähnlich der Streifzug durch das Musical „Tanz der Vampire“. Langsam, aber unaufhaltsam steigert sich hier die Bewegung. Gelungen auch die Mixtur zwischen Akkordeon und der Saxofongruppe beim Arrangement von Astor Piazollas „Adios Nonino“. Die melancholischen Phrasen des Solisten André Schnäker enthalten jene bittere Rauheit, die Piazolla stets vom populären Tango trennt. Phillip Susas „Marsch“ bringt den lebhaften Auskehrer.
Die zweite Konzerthälfte gehört den Borglohern, die in grün-weißer Vereinstracht und kollektiver Beweglichkeit die Bühne erobern. Dirigent Herbert Holtgreve setzt auf stilistische Abwechslung im Programm. Verdis „Triumpfmarsch“ aus der Oper Aida und besonders eine „Toccata“ nach Bach zeigen die Wandlungsfähigkeit von musikalischer Substanz. Sehr temperamentvoll an „Tscherkessentanz“ mit vokaler Einlage. Auszüge aus dem Musical „Elisabeth“ erzählen in bunten Klangfarben und abwechslungsreichen Rhythmen von der legendären Kaiserin Sissi. Zum Höhepunkt wird das Medley „Tom Jones in Concert“. Das Blasorchester geleitet von einem Hit des „Tigers“ zum nächsten in vitaler Nostalgie und präziser Durchgestaltung. Am Ende versammeln sich fast 200 Bläserinnen und Blaser auf der Bühne der Stadthalle, denn nun treten die Mitglieder von zwei Vororchestern dazu. Beide Dirigenten leiten je ein Zugabenstück. (hmn)